Konkurrenzverbot

1. Juli 2013

Konkurrenzverbot

Ein vereinbartes Konkurrenzverbot kann aus verschiedenen Gründen übermässig sein, z. B. weil es nicht angemessen nach Ort, Zeit und Gegenstand beschränkt ist oder, womit sich die Gerichte am häufigsten zu befassen haben, weil die Konventionalstrafe zu hoch angesetzt ist. Ein übermässiges Konkurrenzverbot ist nicht ungültig, sondern auf das zulässige Mass zu reduzieren. Anlass zu der vorliegenden Ausgabe geben zwei jüngere Entscheide des Bundesgerichts zur Herabsetzung einer Konventionalstrafe.

Sicherung durch Konventionalstrafe

Es ist üblich, bei der Vereinbarung eines Konkurrenzverbots eine Konventionalstrafe vorzusehen. Als wesentlicher Teil des Konkurrenzverbots unterliegt auch sie dem Schriftformerfordernis. Sie befreit den Arbeitgeber vom im konkreten Fall oft schwierig zu erbringenden Beweis des Schadens und dessen Höhe sowie des Kausalzusammenhangs. Weiter soll sie den Arbeitnehmer für den Verstoss gegen die Vereinbarung bestrafen bzw. ihn bereits präventiv von der Übertretung des Verbots abhalten. Für den die Konventionalstrafe übersteigenden Schaden bleibt der Arbeitnehmer ersatzpflichtig, sofern dieser und der Kausalzusammenhang vom Arbeitgeber bewiesen werden kann. Zur Durchsetzung des Konkurrenzverbots enthält die Vereinbarung regelmässig eine so genannte Realerfüllungsklausel, mit der dem Arbeitnehmer die Fortführung der konkurrenzierenden Tätigkeit untersagt wird (OR 340b).

Höhe der Konventionalstrafe und richterliche Herabsetzung

Die Höhe der Konventionalstrafe können die Parteien grundsätzlich frei vereinbaren (OR 163/1). In der Praxis wird sie oft in einer Zahl fixiert oder in Abhängigkeit vom Lohn (z.B. ein halber Jahreslohn) ausgedrückt. Gemäss Lehre bildet der Jahreslohn die Obergrenze der Konventionalstrafe. Eine übermässig hohe Konventionalstrafe hat der Richter nach seinem Ermessen herabzusetzen (OR 163/3). Dabei ist aber aus Gründen der Vertragstreue und der Vertragsfreiheit Zurückhaltung geboten. Ein richterlicher Eingriff in die Vereinbarung rechtfertigt sich gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nur, wenn der verabredete Betrag so hoch ist, dass er das vernünftige, mit Recht und Billigkeit noch zu vereinbarende Mass übersteigt. Eine Herabsetzung der Konventionalstrafe rechtfertigt sich insbesondere dann, wenn zwischen dem vereinbarten Betrag und dem Interesse des Arbeitgebers, daran im vollem Umfang festzuhalten, im Zeitpunkt der Vertragsverletzung ein krasses Missverhältnis besteht. Ob diese Voraussetzung gegeben ist, entscheidet sich nicht allgemein, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dazu gehören insbesondere die Art und Dauer des Vertrags, die Schwere des Verschuldens und der Vertragsverletzung, das Interesse des Arbeitgebers an der Einhaltung des Verbots sowie die wirtschaftliche Lage der Beteiligten, namentlich des Arbeitnehmers. Als Indiz des Übermasses kommt der höchstmögliche Schaden in Betracht; der effektiv eingetretene Schaden ist hingegen nicht massgebend. Zu berücksichtigen sind ferner allfällige Abhängigkeiten aus dem Vertragsverhältnis und die Geschäftserfahrungen der Beteiligten; gegenüber einer wirtschaftlich schwachen Partei rechtfertigt sich eine Herabsetzung eher als unter wirtschaftlich gleichgestellten und geschäftskundigen Vertragsparteien.

Der Arbeitnehmer hat die tatsächlichen Voraussetzungen einer Herabsetzung zu behaupten und zu beweisen. Das Ermessen des Richters bezieht sich sowohl auf die Frage der Übermässigkeit der Strafe als auch auf den Umfang der Herabsetzung; beide Male hat der Richter nach Recht und Billigkeit zu entscheiden. Diesen Ermessensentscheid überprüft das Bundesgericht an sich frei. Es übt dabei aber Zurückhaltung und schreitet nur ein, wenn die Vorinstanz grundlos von Grundsätzen abgewichen ist, die in Lehre und Rechtsprechung anerkannt sind, wenn sie Tatsachen berücksichtigt hat, die für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt Umstände ausser Betracht gelassen hat, die hätten beachtet werden müssen. Es greift ausserdem in Ermessensentscheide nur ein, wenn sich diese als offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen.

Dem Urteil des Bundesgerichts 4A_466/2012 vom 12. November 2012 lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Arbeitsvertrag einer Personalvermittlerin sah ein Konkurrenzverbot während drei Jahren in den Kantonen Jura, Bern und Neuenburg vor. Dieses enthielt eine Konventionalstrafe von 100‘000 Franken und der Arbeitgeber behielt sich die Aufhebung des vertragswidrigen Zustandes vor. Die Arbeitnehmerin hatte abgesehen von einem früheren dreimonatigen Einsatz nie in einer Personalvermittlungsagentur gearbeitet. Ihr letzter Bruttojahreslohn als Agenturleiterin betrug 81‘900 Franken. Im August 2010 hat der Arbeitgeber den Wunsch der Arbeitnehmerin, das Arbeitsverhältnis auf den 31. August 2010 zu beenden, akzeptiert und sie gleichzeitig auf das bestehende Konkurrenzverbot aufmerksam gemacht. Trotzdem hat die Arbeitnehmerin per 1. September 2010 eine Tätigkeit als Beraterin bei einer anderen Personalvermittlungsagentur aufgenommen. Sowohl die erste als auch die zweite Instanz erachteten die Konventionalstrafe als übermässig und setzten sie auf 63‘000 Franken herab. Dies entspricht knapp 77% des letzten Bruttojahreslohnes. In Abwägung aller Umstände wie insbesondere des schwerwiegenden Verschuldens der Arbeitnehmerin, der Art und Dauer des Vertrages und der Höhe ihres letzten Jahreslohns, sogar unter Berücksichtigung, dass der Arbeitgeber keinen effektiven Schaden nachweisen konnte, beurteilte das Bundesgericht die von den kantonalen Richtern festgesetzte Konventionalstrafe, obschon sie im oberen Bereich des Zulässigen liegt, nicht als übermässig.

Dem Urteil des Bundesgerichts 4A_107/2011 vom 25. August 2011 lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Arbeitsvertrag eines Unternehmensberaters in Personalfragen für die deutschsprachige Schweiz und Liechtenstein sah ein Konkurrenzverbot während zwei Jahren vor und beinhaltete eine Konventionalstrafe von 100‘000 Franken bei Verletzung des Verbots. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Vertrag auf den 31. August 2008 aufgelöst, wobei ausdrücklich festgehalten wurde, dass das Konkurrenzverbot bestehen bleibt. Am 15. September 2008 liess sich der Unternehmensberater als Einzelfirma mit dem Zweck „Human Resources Management“ ins Handelsregister eintragen. Das Bundesgericht erachtete die Konventionalstrafe von 100‘000 Franken als nicht übermässig. Sie entspricht etwa dem Einkommen, das er bei seinem Arbeitgeber in acht Monaten erzielte und den Honoraren, die er für den Arbeitgeber in drei Monaten erwirtschaftete.

Kommentar

Es gilt sich bewusst zu sein, dass jedes die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllende Konkurrenzverbot, inklusive Konventionalstrafe, nur insofern verbindlich ist, als es nicht nachträglich vom Richter beschränkt wird. Im Wissen dessen ist der Arbeitgeber gut beraten, im konkreten Einzelfall bei der Festsetzung der Konventionalstrafe ein gesundes Augenmass anzuwenden und nicht zu versuchen, eine möglichst hohe Konventionalstrafe vereinbaren zu können.


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