Der unbezahlte Urlaub (Sabbatical)

14. Februar 2024

Der unbezahlte Urlaub (Sabbatical)

Möglicherweise wünscht sich ein Arbeitnehmer, seine berufliche Laufbahn für einige Wochen oder Monate zu unterbrechen, um sich einem privaten Projekt widmen zu können. Hierzu kann ihm ein unbezahlter Urlaub gewährt werden. Nachfolgend geben wir einen Überblick über die wichtigsten arbeitsrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Folgen eines solchen Karriereunterbruchs.

Natur des unbezahlten Urlaubs und Rechtsfolgen

Da das Schweizer Recht im Gegensatz zum französischen Recht kein Anrecht auf unbezahlten Urlaub vorsieht, muss dieser in Form einer Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer gewährt werden. Es bedarf also der Zustimmung des Arbeitgebers, dem es somit freisteht, den Antrag des Arbeitnehmers entweder anzunehmen oder abzulehnen. Wenn der Arbeitgeber den Antrag annimmt, werden die Hauptpflichten aus dem Arbeitsvertrag für die Dauer des Urlaubs ausgesetzt: Der Arbeitnehmer ist also nicht mehr verpflichtet, seine Arbeitsleistung zu erbringen, und der Arbeitgeber ist von seiner Verpflichtung zur Lohnzahlung befreit. Wenn der Lohn üblicherweise in dreizehn Teilen ausgezahlt wird, wird auch der dreizehnte Monatslohn proportional zur Dauer des unbezahlten Urlaubs gekürzt. Wenn der Arbeitsvertrag einen Anteil des Lohns in Naturalien vorsieht, wie etwa die Bereitstellung eines Fahrzeugs oder eines Gegenstands, wird vermutet, dass es sich um eine entgeltliche Überlassung handelt, da diese üblicherweise als Gegenleistung für eine Arbeitsleistung erbracht wird. Daher sind während der gesamten Dauer des unbezahlten Urlaubs die Regeln des Mietvertrags (Art. 253 ff. OR) anzuwenden. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Weiterverwendung eines etwaigen Fahrzeugs oder Gegenstands während des unbezahlten Urlaubs zu entschädigen hat. Eine unentgeltliche Überlassung kann auch ausdrücklich vereinbart werden, wobei dann die Regeln der Gebrauchsleihe (Art. 305 ff. OR) zur Anwendung kommen. Ein allfälliger Pauschalbetrag zur Deckung der dem Arbeitnehmer bei der tatsächlichen Ausübung seiner Tätigkeit entstandenen Auslagen wird während des unbezahlten Urlaubs infolge fehlender Arbeitspflicht ausgesetzt und ist nicht geschuldet.

Probezeit

Es gilt den Arbeitgeber darauf aufmerksam zu machen, dass der unbezahlte Urlaub nicht in der abschliessenden Liste des Artikels 335b Abs. 3 OR aufgeführt ist, welche die Gründe für die Verlängerung der Probezeit aufzählt. Ein unbezahlter Urlaub verlängert also die Probezeit nicht automatisch. Folglich würde bei Gewährung eines solchen Urlaubs während der Probezeit den Parteien die entsprechende Zeit entzogen, welche eben dazu dient zu beurteilen, ob ihre jeweiligen Erwartungen durch die arbeitsvertragliche Beziehung erfüllt werden oder nicht. Deshalb raten wir davon ab, langzeitige unbezahlte Urlaube während der Probezeit zu gewähren.

Dienstjahre

Der Zeitraum des unbezahlten Urlaubs ist relevant für die Berechnung der Dienstjahre des Arbeitnehmers, da das Arbeitsverhältnis fortbesteht und einzig die Hauptverpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag ruhen. Das bedeutet, dass ein allfälliger unbezahlter Urlaub bei der Berechnung der Dauer des Arbeitsverhältnisses, der gesetzlichen Lohnfortzahlung nach Art. 324a OR oder auch der Kündigungsfrist berücksichtigt werden muss.

Kündigung während unbezahltem Urlaub

Wie verhält es sich bei der Kündigung des Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber während des unbezahlten Urlaubs? Die Kündigung ist grundsätzlich gültig, da keine Sperrfrist nach Art. 336c OR zur Anwendung kommt. Jedoch könnte es gegen Treu und Glauben verstossen, den Vertrag eines Arbeitnehmers zu kündigen, dem ein unbezahlter Urlaub gewährt wurde. Daher sollte unserer Ansicht nach davon ausgegangen werden, dass die Kündigung in der Regel erst mit dem Beginn der Arbeitsaufnahme nach dem Urlaub ihre Wirkungen entfaltet. Dasselbe gilt bei einer Arbeitnehmerkündigung. Während der Kündigungsfrist muss der Arbeitnehmer seine Arbeit anbieten, andernfalls kann der Arbeitgeber, nachdem er auf eine Mahnung hin nichts von ihm gehört hat, das Verlassen des Arbeitsplatzes feststellen.

Ferienanspruch

Der Bezug eines unbezahlten Urlaubs führt dazu, dass in dieser Zeit kein Ferienanspruch entsteht bzw. der Anspruch nicht weiter anwächst. Somit wird beispielsweise bei einem unbezahlten Urlaub von fünf Monaten Dauer der Ferienanspruch pro rata auf sieben statt zwölf Monate berechnet; eine Ferienkürzung nach Art. 329b OR kommt nicht zur Anwendung, da während der Zeit des unbezahlten Urlaubs keine Arbeitsverhinderung vorliegt.

Sozialversicherungen

Auch bei den Sozialversicherungen sind die Folgen je nach Dauer des Urlaubes erheblich und es lohnt sich, Fragen im Zusammenhang mit der Versicherungsdeckung frühzeitig zu klären:

  • In der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) muss sich der Arbeitnehmer bei der Ausgleichskasse als Nichterwerbstätiger anmelden. So bleibt er versichert und zahlt Beiträge als Nichterwerbstätiger, es sei denn, er ist verheiratet und seine Ehefrau zahlt Beiträge in Höhe von mindestens dem doppelten jährlichen Mindestbeitrag.
  • Im Bereich der beruflichen Vorsorge (BVG) ist die Situation komplexer. Der Arbeitgeber zahlt nämlich während der Dauer des unbezahlten Urlaubs grundsätzlich keine BVG-Beiträge mehr, da der Versicherungsschutz gegen Invalidität und Tod einen Monat nach der letzten Lohnzahlung endet und diese (wichtigen!) Risiken dann nicht mehr abgedeckt sind. Wenn die Eintrittsschwelle von CHF 22'050 Jahreslohn aufgrund des unbezahlten Urlaubs nicht mehr erreicht wird, kann sich der Arbeitnehmer freiwillig versichern. Es empfiehlt sich, frühzeitig die Vorsorgeeinrichtung zu kontaktieren, um abzuklären, ob reglementarische Möglichkeiten bestehen, den Versicherungsschutz aufrecht zu erhalten. In diesem Falle können dem Arbeitnehmer die gesamten Beiträge auferlegt werden.
  • Der Versicherungsschutz der Unfallversicherung (UVG) endet mit Ablauf des 31. Tages nach dem Tag, an dem der Anspruch auf mindestens den halben Lohn endete. Der Arbeitnehmer kann die Versicherungsdeckung für Nichtberufsunfälle bei der Unfallversicherung seines Arbeitgebers mittels Abredeversicherung um höchstens sechs Monate verlängern. Dauert der unbezahlte Urlaub länger als sechs Monate, muss der Arbeitnehmer den Versicherungsschutz über seine Krankenkasse sicherstellen und das Unfallrisiko mitversichern.

Wichtig für den Arbeitgeber in der Praxis

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Parteien, wenn sie sich auf unbezahlten Urlaub einigen, die verschiedenen rechtlichen Folgen des Urlaubs im Auge behalten müssen, insbesondere im Hinblick auf die Sozialversicherungen. Es empfiehlt sich, beim Bezug eines unbezahlten Urlaubs eine schriftliche Vereinbarung aufzusetzen. Darin sollten insbesondere geregelt werden: Die Dauer des Urlaubs, die Folgen einer Kündigung während des unbezahlten Urlaubs, die Handhabung von Pauschalspesen oder eines Naturallohns (falls vorhanden), die Folgen in Bezug auf den Ferienanspruch sowie die Versicherungsfragen (Unfall- und Krankenversicherung, berufliche Vorsorge).


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