Rechtliche Fragen im Zusammenhang mit Brückentagen

3. November 2023

Rechtliche Fragen im Zusammenhang mit Brückentagen

In der Praxis gewähren Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden oft sog. Brückentage (z.B. zwischen Weihnachten und Neujahr). Bei Brückentagen handelt es sich typischerweise um Arbeitstage, die zwischen die Feiertage und ein Wochenende fallen. Es bestehen verschiedene Möglichkeiten wie die Arbeitsvertragsparteien die Freizeit an Brückentagen regeln. Verbreitet in der Praxis ist das System der Vorholzeit: Durch vorgeholte Arbeitszeit können die Brückentage kompensiert werden. Konkret wird die Arbeitszeit jeden Tag um eine bestimmte Anzahl von Minuten verlängert, die durch Freizeit während den Brückentagen ausgeglichen wird. 

Beispiel: Der Arbeitsvertrag sieht eine wöchentliche Sollarbeitszeit von 40 Stunden pro Woche vor; d.h. 8 Stunden pro Tag. Vertraglich ist festgelegt, dass die Mitarbeitenden täglich 30 Minuten länger arbeiten, um die Arbeitszeit an den Brückentagen vorzuholen. 

Bei der Vorholzeit stellt sich die Frage, wie damit umzugehen ist, wenn ein Mitarbeitender vor oder während den Brückentagen arbeitsunfähig ist oder unterjährig ein- oder austritt. In diesem Zusammenhang gilt es zunächst die Vorholzeit sowie die Brückentagen etwas genauer zu betrachten. Bei der Vorholzeit handelt es sich nicht um Überstundenarbeit i.S.v. Art. 321c Obligationenrecht (OR). Vielmehr liegt eine vertragliche Verlegung der Arbeitszeit vor. Letztlich leistet der Mitarbeitende über das Jahr verteilt nicht mehr Stunden als vertraglich vereinbart wurde. Brückentage wiederum sind keine Ferientage. Es handelt sich um eine Verschiebung von Freizeit. An den Brückentagen wird dem Mitarbeitenden die Freizeit kumulativ gewährt, die ihm durch die geleistete Vorholzeit (im Beispiel oben sind es 30 Minuten pro Tag) entzogen wurde. 

Arbeitsunfähigkeit

Besteht eine unverschuldete Arbeitsverhinderung (Krankheit, Unfall usw.) während der Vorhol- oder Kompensationszeit, so stellt sich die Frage, ob die entsprechende Vorholzeit trotzdem gutgeschrieben wird bzw. ob die entsprechende Kompensationszeit dennoch als bezogen gilt. 

Wenn ein Mitarbeitender unverschuldet arbeitsunfähig ist, so soll er in Bezug auf die Arbeitszeit so gestellt werden, wie wenn er gearbeitet hätte. Im oben erwähnten Beispiel hätte der Mitarbeitende 8.5 Stunden gearbeitet. Entsprechend ist dem Mitarbeitenden während der unverschuldeten Arbeitsverhinderung die Vorholzeit gutzuschreiben. 

Kann hingegen ein Mitarbeitender aufgrund einer unverschuldeten Arbeitsverhinderung die Kompensationszeit an den Brückentagen nicht beziehen, so besteht kein Anspruch auf Nachbezug. Bei den Brückentagen handelt es sich nicht um Ferien, sondern um verschobene Freizeit. Der Fall ist u.E. gleichzubehandeln, wie wenn ein Mitarbeitender an einem „gewöhnlichen“ freien Tag krank ist (z.B. an einem Samstag oder Sonntag). In diesem Fall besteht auch kein Anspruch auf einen Nachbezug. 

Unterjähriger Ein- oder Austritt

Bei unterjährigem Ein- oder Austritt stellt sich die Frage, ob ein neu eintretender Mitarbeitender die Vorholzeit bis zum Eintrittsdatum noch nachholen muss bzw. ob einem austretenden Mitarbeitenden die geleistete Vorholzeit auszubezahlen ist. 

Wenn in den arbeitsvertraglichen Grundlagen keine abweichende Regelung besteht, sind die Brückentage zum vollen Lohn bezahlt und es dürfen auch keine Minusstunden entstehen. Grund hierfür ist Art. 324 OR, welcher in Absatz 1 vorsieht: „Kann die Arbeit infolge Verschuldens des Arbeitgebers nicht geleistet werden oder kommt er aus anderen Gründen mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug, so bleibt er zur Entrichtung des Lohnes verpflichtet, ohne dass der Arbeitnehmer zur Nachleistung verpflichtet ist.“ Wenn der Arbeitgeber seinen Betrieb an Brückentagen schliesst, nimmt er in dieser Zeit die Arbeitsleistung des Mitarbeitenden nicht an und gerät daher in Verzug. 

Im Rahmen des Grundprinzips der Vertragsfreiheit und dessen Schranken steht es den Parteien frei, im Arbeitsvertrag eine andere Regelung vorzusehen (vorbehalten bleibt insb. ein gesamtarbeitsvertraglicher Vorholzeitplan). So könnte etwa vereinbart werden, dass der Mitarbeitende bei unterjährigem Eintritt und nicht ausreichender Vorholzeit unbezahlten Urlaub beziehen muss. Alternativ könnte auch vereinbart werden, dass für den von der Vorholzeit nicht gedeckten Teil Ferientage angerechnet werden. Letzteres würde allerdings voraussetzen, dass der Mitarbeitende noch über ein ausreichendes Ferienguthaben verfügt. 

Tritt hingegen ein Mitarbeitender im Laufe des Jahres aus, bevor er von den Brückentagen profitieren konnte, ist ihm die Vorholzeit auszubezahlen. Da es sich dabei nicht um Überstunden i.S.v. Art. 321c OR handelt, ist jedoch kein Geldzuschlag geschuldet. 

Andere Systeme

Das System der Vorholzeit bedingt in der praktischen Umsetzung einen administrativen Zusatzaufwand. Daher sind in der Praxis auch andere Lösungen verbreitet. Dies stets unter der Voraussetzung, dass kein anwendbarer Gesamtarbeitsvertrag verletzt wird. Denkbar ist bspw., dass vertraglich von vornherein eine höhere Sollarbeitszeit vereinbart wird (z.B. 8.5 Stunden anstatt 8 Stunden pro Tag) und im Gegenzug die Brückentage als bezahlte freie Tage gewährt werden. In diesem Fall muss im Arbeitsvertrag klargestellt werden, dass es sich bei den Brückentagen nicht um Ferientage handelt. Wenn der Mitarbeitende im Laufe des Jahres eintritt, profitiert er in jedem Fall uneingeschränkt von den Brückentagen. Tritt er hingegen im Laufe des Jahres aus, entstehen mit Blick auf allfällige nicht bezogene Brückentage keinerlei Ansprüche seitens des Mitarbeitenden. 

Ein Arbeitgeber, der seinen Betrieb zwischen Weihnachten und Neujahr oder zu einem anderen Zeitpunkt vorübergehend schliessen will, kann auch Betriebsferien anordnen. Wenn die Betriebsferien nicht bereits im Arbeitsvertrag oder im Personalreglement festgelegt worden sind, hat der Arbeitgeber eine angemessene Ankündigungsfrist (i.d.R. drei Monate im Voraus) einzuhalten. Bei einer zu kurzfristigen Anordnung von Betriebsferien riskiert der Arbeitgeber, dass er in Annahmeverzug gerät. Kommt es während den Betriebsferien zu einer unverschuldeten Arbeitsverhinderung (Krankheit oder Unfall) und wird dadurch der Ferienzweck vereitelt, kann der Mitarbeitende die Ferien nachbeziehen.


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