Lohn des Handelsreisenden

Der Handelsreisendenvertrag ist ein Arbeitsvertrag, der besonderen Vorschriften unterliegt (OR 347 – 350a). In der Praxis stellen sich oft Fragen im Zusammenhang mit der Entlöhnung des Handelsreisenden, auf die in der vorliegenden Ausgabe eingegangen wird.

Lohn vorwiegend als Provision

Der Arbeitgeber hat dem Handelsreisenden Lohn zu entrichten, der aus einem festen Gehalt mit oder ohne Provision besteht (OR 349a/1). In der Praxis ist üblich, dass zumindest ein Teil des Lohnes in Provisionen besteht. Das hat seinen Grund darin, dass es für den Arbeitgeber schwierig ist, die tatsächliche Tätigkeit des Handelsreisenden kontrollieren zu können. Die Entlöhnung durch Provisionen dient einerseits dem Arbeitgeber, sich zu vergewissern, dass der Arbeitnehmer gut gearbeitet hat, und andererseits dem Arbeitnehmer als Motivation, gute Arbeit zu leisten. Je besser er arbeitet, umso mehr verdient er.

Damit die Parteien gültig vereinbaren können, dass der Lohn ausschliesslich oder vorwiegend in einer Provision besteht, bedarf es der Schriftform (OR 349a/2). Entsprechende mündliche Vereinbarungen sind ungültig. Was unter dem Wort „vorwiegend“ zu verstehen ist, ist umstritten. Gewisse Autoren sind der Meinung, dass „vorwiegend“ mehr als 50% bedeutet, d.h. dass, wenn der Anteil der Provision weniger als 50% beträgt, OR 349a/2 nicht anwendbar ist. Andere Autoren hingegen vertreten die Meinung, dass bereits ein Provisionsanteil von 20% im Verhältnis zur Gesamtentlöhnung reicht, damit die Schriftform Gültigkeitserfordernis ist. Letztere Ansicht lässt sich aber mit dem Gesetzestext nicht vereinbaren. Fehlt es an der Schriftform, muss in jedem Fall ein angemessenes Fixum bezahlt werden, und wenn es in der Branche üblich ist, kommt noch eine Provision hinzu.

Angemessenes Entgelt

Besteht der Lohn vorwiegend in einer Provision, so muss sie ihrer Höhe nach zusammen mit einem allfälligen Fixum ein angemessenes Entgelt für die Tätigkeit des Handelsreisenden ergeben (OR 349a/2) Diese Bestimmung soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Handelsreisenden Provisionen verspricht, welche sich nachträglich als ungenügend erweisen. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung (BGE 129 III 664) ist das Entgelt angemessen, wenn es dem Handelsreisenden unter Berücksichtigung seines Arbeitseinsatzes, seiner Ausbildung, seiner Dienstjahre, seines Alters und seiner sozialen Verpflichtungen eine anständige Lebensführung ermöglicht. Dabei hängt die Angemessenheit der Entlöhnung eng von den Rahmenbedingungen ab, die der Arbeitgeber dem Handelsreisenden setzt, damit dieser provisionsberechtigte Geschäfte abschliessen kann. Die konkreten Lebenshaltungskosten sind nicht relevant, da sonst ein Arbeitnehmer durch die Erhöhung seiner Lebenshaltungskosten faktisch sein Mindesteinkommen erhöhen könnte. Zudem soll eine gewisse Relation des angemessenen Lohnes zum Marktwert der Leistung bestehen, weil die in einer Branche geltenden Usanzen als Leitlinie mitberücksichtigt werden sollen. Die Angemessenheit des Entgelts des Handelsreisenden ist auf Grund des jeweiligen Einzelfalls zu ermitteln. Es kommt dabei nicht auf den effektiven Verdienst des Handelsreisenden an, sondern auf die Verdienstchancen eines durchschnittlich begabten Vertreters. Die gesetzliche Regelung bezweckt nicht, dem Handelsreisenden unabhängig von seinen Leistungen ein Mindesteinkommen zu sichern. Erzielt der Handelsreisende ein zu geringes tatsächliches Entgelt, ist dieser Umstand aber nicht auf die Vereinbarung zu niedriger Provisionen zurückzuführen, sondern auf seine mangelnde Leistung, so liegt keine Verletzung von OR 349a/2 vor (BGE 4C.265/2005).

Lohn während der Probezeit

Für eine Probezeit von höchstens zwei Monaten kann durch schriftliche Vereinbarung der Lohn frei bestimmt werden (OR 349a/3). Es handelt sich dabei um eine Ausnahmeregelung zu OR 349a/1 und 2 in dem Sinn, dass während dieser Periode kein festes Gehalt vereinbart sein muss und das Gehalt auch nicht angemessen sein muss. Mit anderen Worten kann das Gehalt ausschliesslich aus Provisionen, wie tief auch immer, bestehen. Wurde jedoch nur eine einmonatige Probezeit vereinbart, kann nur während diesem einen Monat der Lohn frei bestimmt werden. Ist eine dreimonatige Probezeit vereinbart worden, kann nur während zwei Monaten der Lohn frei gewählt werden. Während einer Probezeit von längstens zwei Monaten entfällt die richterliche Überprüfungsbefugnis, wenn die Vereinbarung des Lohnes (das heisst des allfälligen festen Gehalts und der Provisionen) schriftlich erfolgt ist. Damit soll der Richter davor bewahrt werden, sich mit der komplizierten Überprüfung von Vereinbarungen zu beschäftigen, für deren Unangemessenheit die Vertragsauflösung viel die geeignetere Sanktion ist. Da die Kündigungsfrist während der Probezeit kurz ist, sollte es deswegen zu keinen sozialen Härtefällen kommen. Hält der Arbeitgeber das Schriftformerfordernis für die Bestimmung des Lohnes in der Probezeit nicht ein und ist die Provision unangemessen, schuldet er dem Arbeitnehmer den orts- oder branchenüblichen Lohn.

Lohn während den Ferien

Der Ausfall von Provisionen, die auf Grund der Ferien nicht erzielt werden konnten, ist zu ersetzen. Fraglich ist nur, wie dieser Ausfall berechnet wird, ob nach dem Lohnausfallprinzip (individuelle Berechnung) oder nach dem Referenzperiodenprinzip (Pauschalmethode). Nach dem vom Bundesgericht (BGE 129 III 664) und der Mehrheit der Lehre vertretenen Referenzperiodenprinzip entspricht die geschuldete Provision während den Ferien dem Durchschnitt der Provisionen während einer massgebenden Zeitspanne (im Allgemeinen die letzten zwölf Monate). In der Praxis könnte dies so umgesetzt werden, dass zu jeder Provisionszahlung eine Ferienentschädigung (z.B. 8,33% für vier Wochen Ferien) hinzugefügt wird. Wenn jedoch die Umstände des Einzelfalls klar zum Vorschein bringen, dass mit dieser Methode kein angemessener der Wirklichkeit entsprechender Ferienlohn berechnet werden kann, ist gemäss Bundesgericht das Lohnausfallprinzip anzuwenden, wonach der Verlust der mutmasslichen Provisionen des Arbeitnehmers individuell ermittelt wird. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn der ferienbedingte Ausfall kompensiert wird, indem die Geschäftsabschlüsse fast vollständig vor oder nach den Ferien stattfinden oder durch einen Stellvertreter getätigt und dem Arbeitnehmer gutgeschrieben würden.

Kommentar

Für Arbeitgeber, die Handelsreisende beschäftigen, empfiehlt es sich, die Probezeit schriftlich auf mindestens zwei Monate festzulegen, denn für diese Zeit können sie schriftlich den Lohn frei bestimmen. Es empfiehlt sich ebenfalls, auch bei Provisionsanteilen von unter 50%, vorsichtshalber die Schriftform einzuhalten, damit die Vereinbarung in jedem Fall Gültigkeit hat, sofern das Entgelt auch angemessen ist.

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