Truckverbot

1. November 2005

Truckverbot

Das Truckverbot (von englisch truck = Tausch) erklärt alle Vereinbarungen für nichtig, welche den Arbeitnehmer zur Verwendung des Lohnes im Interesse des Arbeitgebers verpflichten (OR 323b/3). Es bekämpft die ehemals verbreitete Unsitte, dem Arbeitnehmer auf Anrechnung an den Lohn Waren des Arbeitgebers oder ihm nahe stehender Unternehmen zu liefern und bezweckt, dem Arbeitnehmer die freie Verfügung über seinen ganzen Lohn zu sichern.

Zulässige Vereinbarungen

Nicht unter das Truckverbot fallen beispielsweise folgende Vereinbarungen: Die Vereinbarung von Naturallohn (z.B. Kost und Logis oder der Gebrauch eines Firmenwagens); der freie Barkauf beim Unternehmen des Arbeitgebers; die Vereinbarung durch regelmässige Lohnabzüge (im Rahmen der Verrechnungsbeschränkung) ein Darlehen des Arbeitgebers zu tilgen; die bei Fälligkeit des Lohnes getroffene Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer einen Teil des Lohnes zu marktüblichem oder einem höheren Zinsfuss stehen lässt, sofern er jederzeit über das Guthaben verfügen kann.

Unzulässige Vereinbarungen

Unzulässig und somit nichtig sind namentlich folgende Vereinbarungen: Die Entgegennahme von Waren oder Dienstleistungen an Zahlungs statt; die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Benützung der Kantine; der Kreditkauf von Waren, wenn der Kauf vorwiegend im Interesse des Arbeitgebers ist; die Verpflichtung des Arbeitnehmers, den Lohn ganz oder teilweise zum Kauf von Waren aus dem Unternehmen des Arbeitgebers oder einem ihm nahestehenden Unternehmen zu verwenden; die Abgabe von Gutscheinen, die nicht auf Geld, sondern auf Ware lauten, an Zahlungs statt; die Gewährung eines Darlehens an den Arbeitgeber, wenn die Abrede zum Voraus getroffen wird oder der geliehene Betrag auf bestimmte Zeit oder während einer Kündigungsfrist fest gebunden bleibt.

Einräumung von Optionen

Fraglich ist, ob und in welchem Umfang die Einräumung von Optionen unter das Truckverbot fällt. Die Frage stellt sich nur dann, wenn die Optionen Teil eines „Gesamtlohnes“ sind und der Arbeitnehmer über den Geldwert der Option nicht unmittelbar verfügen kann. Die Einräumung von Optionen könnte zwar als Naturallohn angesehen werden, der grundsätzlich zulässig ist. Wenn jedoch die Zuteilung von Anteilsrechten oder deren Ausübung gegen Entgelt erfolgt, kann der Arbeitnehmer nicht frei über den Lohn verfügen. Dies gilt insbesondere dann, wenn zur Ausübung eine Sperrfrist besteht und der Arbeitnehmer daran gehindert ist, das Beteiligungsrecht sofort in Geld umzuwandeln. 

Die Bedingung, dass der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Ausübung der Option noch in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen muss, ist dann unzulässig, wenn die Einräumung der Optionen Lohncharakter hat und Entgelt für geleistete Arbeit ist. Zudem kann eine solche Bedingung auch Einfluss auf die Kündigungsfreiheit und den Paritätsgrundsatz bei der Kündigung haben und entsprechend unzulässig sein. Auch kann eine Kündigung, die nur zur Vereitelung der Ausübung der Optionen ausgesprochen wird, unter Umständen rechtsmissbräuchlich sein. 

Im Entscheid 4C.239/2004 vom 1. Oktober 2004 verurteilte das Bundesgericht eine börsenkotierte Firma, dem ehemaligen Finanzchef (Fix- lohn 1991: 140 000 Franken) den Gegenwert von ausgerichteten und verfallenen Optionen von 20 000 Franken pro Jahr in Geld auszuzahlen. Diese Optionen waren dem Kadermitarbeiter in teilweiser Anrechnung an einen variablen Lohnanteil von 30 000 Franken ausgerichtet worden. Bei der jährlichen Festsetzung dieses Lohnanteils wurden die persönliche Leistung des Arbeitnehmers und die Zielerreichung bzw. Budgetabweichungen im vergangenen Jahr je zu 50% gewichtet. Da die ausgerichteten Optionen weder ausübbar noch übertragbar waren und der Mitarbeiter die Firma innerhalb von drei Jahren nach deren Ausrichtung verlassen hatte, waren die Optionen grösstenteils verfallen. Das Bundesgericht entschied, dass diese Art der Lohngewährung gegen das Truck- verbot verstosse und deshalb nichtig sei. 

Im Parallel-Fall 4C.237/2004, ebenfalls vom 1. Oktober 2004, wurde gleich entschieden im Fall des Gruppen-Controllers (Fixlohn Basis 1996: 100 000 Franken) und variablem Lohnanteil von 20 000 Franken, wovon 5 000 Franken in Optionen ausbezahlt wurden.

Beteiligungsrechte in Form einer Gratifikation

Das Bundesgericht führte im BGE 130 III 495 aus, dass der Arbeitnehmerschutz entfallen könne, wenn sich die Beteiligung bei einem hoch dotierten Kader oder Angestellten „als Bonus“ darstellt. Massgeben- des Kriterium sei dabei, ob die zugewendeten Aktien bzw. Optionen Lohnbestandteil bilden würden. Dies lässt den Schluss zu, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts das Truckverbot auf eine Gratifikation in Form einer Zuwendung von gesperrten Mitarbeiteroptionen nicht anwendbar ist. Zum Begriff der Gratifikation und deren Verhältnis zum Lohn vgl. Publikation „Arbeitsrecht“ Nr. 65 – Mai 2004.

Kommentar

Es fragt sich, ob es gerechtfertigt ist, das Truckverbot mit der Folge der Nichtigkeit der Optionsvereinbarung bei leitenden Angestellten mit hohem fixem Lohnanteil anzuwenden. Es ist nicht Ziel des Truckverbots, solche Personen zu schützen, die des Schutzes gar nicht bedürfen und diesen auch nicht wollen, sondern Auswüchse zu verhindern. Die Schweiz würde damit international eine einsame Ausnahme bilden. Die Ausrichtung von Mitarbeiteraktien und –Optionen ist international alltäglich. Eine extensive Auslegung des Truckverbots würde bedeuten, dass weltweit gültige Mitarbeiterbeteiligungspläne in der Schweiz nicht brauchbar wären.

Das Risiko des Arbeitgebers, vom Arbeitnehmer für seinen Lohn zu Geldzahlungen gezwungen zu werden, dürfte bei sinkenden Aktienkursen erheblich sein. Doch unabhängig vom Aktienkurs stellt sich die Frage, ob Unternehmen für das ganze, den Arbeitnehmern möglicherweise in Geld geschuldete, Entgelt eine Rückstellung bilden müssen. Empfehlenswert ist sicher, Beteiligungsrechte wenn möglich in Form einer Gratifikation einzuräumen.

Berücksichtigte Literatur: „Gesperrte Optionen – als Lohn zulässig?“ von Dr. iur. Matthias Staehelin in SJZ 101 (2005) Nr. 8.

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