Verjährung von Forderungen

1. Januar 2010

Verjährung von Forderungen

Nicht alle Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis verjähren nach der gleichen Zeitdauer. Nicht klar war bisher, ob der Ferienanspruch nach fünf oder nach zehn Jahren verjährt. Das Bundesgericht hat diese Unsicherheit nun im Urteil 4A_333/2009 vom 3. Dezember 2009 geklärt und entschieden, dass der Ferienanspruch nach fünf Jahren verjährt.

Allgemeines

Nach OR 341/2 sind die allgemeinen Vorschriften über die Verjährung (OR 127–142) auf Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis anwendbar. Die Verjährung beginnt für jeden Anspruch mit seiner Fälligkeit zu laufen (OR 130/1). Unter Fälligkeit versteht man den Zeitpunkt, in dem der Gläubiger den in der Forderung enthaltenen Anspruch erheben und Leistung verlangen darf. Dies ist in der Regel bereits im Zeitpunkt der Entstehung der Forderung der Fall, es sei denn, aus Gesetz, Vertrag oder Natur des Rechtsverhältnisses würde sich etwas anderes ergeben. Lediglich für Forderungen der Arbeitnehmer, die mit dem Arbeitgeber in Hausgemeinschaft leben, beginnt die Verjährung erst mit dem Austritt aus der Hausgemeinschaft oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu laufen (OR 134/1). Das Arbeitsvertragsrecht sieht in OR 339/1 zudem vor, dass mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses alle Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis fällig werden. Für Provisionsforderungen und Forderungen auf einen Anteil am Geschäftsergebnis bestehen betreffend deren Fälligkeit besondere Bestimmungen (OR 339/2 und 3). Da die Verjährungsfristen zwingend sind, können sie nicht vertraglich abgeändert werden (OR 129/1). Ist die Verjährungsfrist abgelaufen und eine Forderung entsprechend verjährt, hat der Schuldner ein Leistungsverweigerungsrecht, das ihm erlaubt, das vom Gläubiger Geforderte zurückzuweisen. Eine verjährte Forderung ist somit durch Klage vor Gericht nicht mehr erzwingbar.

Verjährungsfristen für Forderungen des Arbeitnehmers

Entgeltforderungen

Mit Ablauf von fünf Jahren verjähren die Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern (OR 128 Ziffer 3.). Diese fünfjährige Frist gilt aber nach fast übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung nur für das Entgelt (im weitesten Sinn) aus dem Arbeitsverhältnis, denn OR 128 bezweckt die schnelle Bereinigung von Entgeltforderungen aus Geschäften des täglichen Lebens. Dazu gehören der Grundlohn, Gratifikationen, Erfolgsbeteiligungen, Überstundenentschädigungen, Lohnzuschläge z.B. für Nachtarbeit, Spesenforderungen, Auslagenersatz, Kinderzulagen, Erfindungs- und Designentschädigungen.

Ferienanspruch

Eine Klausel, wonach der Ferienanspruch verwirkt, wenn die Ferien nicht bis Ende Jahr oder bis Ende Monat X im Folgejahr bezogen werden, ist rechtlich unhaltbar. Das Gesetz kennt keine entsprechende Verwirkungs- oder Verjährungsfrist. Die Verjährung richtet sich vielmehr nach den allgemeinen Verjährungsregeln und beträgt somit nicht bloss ein Jahr, sondern fünf oder zehn Jahre. Es ist der Arbeitgeber und damit der Schuldner, der den Zeitpunkt der Ferien festlegt und dafür sorgen kann und muss, dass der Arbeitnehmer seine Ferien im Sinn von OR 329c/1 „in der Regel im Verlauf des betreffenden Dienstjahres“ bezieht (OR 329c/2). Grundsätzlich ist er damit auch dafür verantwortlich, wenn der Anspruch erst viel später geltend gemacht wird (BGE 130 III 19). 

Das Bundesgericht hatte bisher die Frage, ob der Ferienanspruch nach fünf oder nach zehn Jahren verjährt, offen gelassen. Die weite Formulierung in OR 128 Ziffer 3. („Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern“) beinhaltet auch den Ferienanspruch. Doch ein Grossteil der Lehre sieht die Anwendung auf Lohn- oder Entgeltforderungen beschränkt. Wie dem auch sein mag, der Ferienanspruch hat eine Doppelnatur, indem er die freie Zeit und den Lohnanspruch beinhaltet. Es rechtfertigt sich gemäss Bundesgericht, das Ganze der gleichen Verjährungsfrist zu unterstellen. Unbestritten ist, dass die Entschädigung für nicht bezogene und noch nicht verjährte Ferien am Ende des Arbeitsverhältnisses nach fünf Jahren verjährt. Gemäss Bundesgericht gilt es keine längere Verjährungsfrist vorzusehen für den Ferienanspruch, welcher durch diese Entschädigung ersetzt wird. Somit besteht auch für den Ferienanspruch eine fünfjährige Verjährungsfrist.

Nachdem die Frage der Dauer der Verjährungsfrist geklärt ist, gilt es noch eine weitere Frage zu beantworten, nämlich ab wann diese zu laufen beginnt bzw. wann der Ferienanspruch fällig wird. Der Ferienanspruch verjährt gemäss Bundesgericht für jedes Dienstjahr separat ab seiner Fälligkeit. Der Ferienanspruch ist fällig mit dem im Vertrag vorgesehenen oder vom Arbeitgeber bestimmten Feriendatum. Ansonsten ist anzunehmen, dass der Ferienanspruch fällig wird am letzten Tag, ab dem es dem Arbeitnehmer noch möglich ist, seine ganzen Ferien des laufenden Dienstjahres zu beziehen, d.h. bei einem vierwöchigen Ferienanspruch nach Ablauf des Bruchteils von 48/52 des Entstehungsjahres.

Arbeitszeugnis und Schadenersatzforderungen aus Vertragsverletzung

Arbeitsrechtliche Ansprüche, die nicht das Entgelt für die Arbeitsleistung betreffen, verjähren gemäss OR 127 erst nach zehn Jahren. Dazu gehört der Anspruch des Arbeitnehmers auf die Ausstellung oder Berichtigung eines Arbeitszeugnisses (OR 330a) und Schadenersatzansprüche des Arbeitnehmers aus Vertragsverletzung, z.B. wegen der Verletzung der Fürsorgepflicht nach OR 328. 

Verjährungsfrist für Forderungen des Arbeitgebers

Sämtliche Forderungen des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis verjähren gemäss OR 127 erst nach zehn Jahren. Der Arbeitgeber hat allerdings darauf zu achten, dass er seine Forderungen bei der nächsten Lohnzahlung, spätestens aber am Ende des Arbeitsverhältnisses geltend macht. Sonst kann ein diesbezügliches Schweigen vom Arbeitnehmer so verstanden werden, als verzichte der Arbeitgeber durch konkludentes Verhalten auf diese Forderungen. Dies kann selbstverständlich nur für Forderungen des Arbeitgebers gelten, von denen er bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits Kenntnis hat (BGE 110 II 344).

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