Aufhebungsvertrag

3. April 2017

Aufhebungsvertrag

Das Arbeitsverhältnis mittels Vertrag, d.h. durch gegenseitiges Einverständnis, auf einen bestimmten Zeitpunkt ohne Einhaltung von Kündigungsfristen oder festen Vertragszeiten zu beenden, ist grundsätzlich zulässig, sofern dies nicht zu einer klaren Umgehung von zwingenden gesetzlichen oder gesamtarbeitsvertraglichen Arbeitnehmerschutznormen führt. Dazu bedarf es, dass nicht gegen die Bestimmungen der Übervorteilung und der Willensmängel verstossen wird, und es wird vorausgesetzt, dass der Aufhebungsvertrag einen echten Vergleich darstellt, bei welchem beide Parteien Zugeständnisse machen.

Begriff und Zulässigkeit

Beide Parteien sind sich einig, das Arbeitsverhältnis auf einen bestimmten Zeitpunkt zu beenden. Obschon im Arbeitsvertragsrecht nicht geregelt, ist unumstritten, dass diese Art der Auflösung grundsätzlich zulässig ist. Sie ist Ausfluss der allgemeinen Vertragsfreiheit von OR 19. Die Freiheit bezieht sich ebenfalls auf die Bestimmung des Beendigungstermins. Dieser kann per sofort, auf das Ende der hypothetisch anwendbaren Kündigungsfrist oder auf einen beliebigen anderen Zeitpunkt vereinbart werden.

Dass Arbeitsverhältnisse mittels Aufhebungsvertrag (auch Aufhebungsvereinbarung genannt) beendet werden, sind bei weitem keine Einzelfälle. Der Aufhebungsvertrag ist recht beliebt. Vor allem Arbeitgeber bevorzugen dieses Instrument der Vertragsauflösung gegenüber der eigenen Kündigung. Dies vor allem deshalb, da bei Vorliegen eines Aufhebungsvertrags dem Arbeitgeber weder Erstreckungen des Arbeitsverhältnisses durch gesetzliche Sperrfristen (OR 336c), insbesondere wegen krankheitsbedingten Abwesenheiten, während der Kündigungsfrist und entsprechender Lohnfortzahlung, noch Anfechtungen wegen missbräuchlicher Kündigung (OR 336) drohen. Gemäss Bundesgericht ist es sogar grundsätzlich zulässig, dass ein Aufhebungsvertrag auch während einer bereits bestehenden Sperrfrist gültig geschlossen werden kann, sofern damit nicht gerade die Umgehung des Kündigungsschutzes oder anderer zwingender Gesetzes- oder Gesamtarbeitsvertragsbestimmungen bezweckt wird. Es gibt aber auch Situationen, in denen Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag bevorzugen, z.B. wenn sie dadurch vorzeitig eine neue Stelle antreten können, oder hinsichtlich der Formulierung der Austrittsmodalitäten im Arbeitszeugnis, oder wenn im Aufhebungsvertrag eine Freistellung bis zum Vertragsende bei vollem Lohn vorgesehen ist, was bei Kadern sehr verbreitet ist. Zudem kann auch der psychologische Aspekt, dass man sich geeinigt hat, und die erhöhte Rechtssicherheit - da in der Regel nicht nur das Vertragsende, sondern alle noch offenen Pendenzen bis zum Austritt geregelt werden, eventuell inklusive Saldoklausel – für einen Aufhebungsvertrag sprechen.

Klare Manifestation

Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags ist an keine Form gebunden, doch fordern Lehre und Rechtsprechung, dass die Willensäusserung zur einvernehmlichen Vertragsbeendigung speziell klar und eindeutig sein muss. Besonders zur Annahme einer konkludenten (stillschweigenden) Vertragsaufhebung bedarf es unzweifelhafter Umstände. Diese werden von den Gerichten jedoch nur zurückhaltend angenommen.

Zu beachten gilt es, dass nicht jede Vereinbarung anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Aufhebungsvertrag ist. Oft regeln die Parteien nur die Austrittsmodalitäten, was auch bei einer Kündigung möglich und verbreitet ist. Es ist also klar zu unterscheiden zwischen einem eigentlichen Aufhebungsvertrag und der blossen Regelung der Kündigungsmodalitäten.

Gegenseitige Zugeständnisse

Gemäss Bundesgericht wird vorausgesetzt, dass der Aufhebungsvertrag einen echten Vergleich darstellt, bei welchem beide Parteien Zugeständnisse machen. Der Verlust des Arbeitnehmers z.B. auf Sperrfristenschutz mit entsprechender Lohnfortzahlung muss also angemessen aufgewogen werden, etwa durch eine Zusatzzahlung. Was das genau bedeutet, muss im Einzelfall anhand der konkreten Umstände beurteilt werden. Vereinfacht kann gesagt werden, dass eine sehr kurzfristige Vertragsaufhebung oder eine solche während sich bereits abzeichnender oder sogar schon eingetretener Sperrfrist in der Regel einer höheren Gegenleistung bedarf, hingegen wenn der Arbeitgeber wegen einer schweren Pflichtverletzung fristlos kündigen könnte oder der Arbeitnehmer von sich aus und aus freiem Willen einen kurzfristigen Austritt wünscht oder er von einer Freistellung profitiert, geringere Zusatzleistungen gefordert werden, ja sogar je nach den konkreten Umständen auch die sofortige Auflösung ohne weitere Zusatzleistungen zulässig sein kann.

Überlegungsfrist?

Gemäss Bundesgericht ist dem Arbeitnehmer eine genügend lange Überlegungsfrist einzuräumen, wenn der Arbeitgeber den Aufhebungsvertrag vorlegt. Diese Auffassung wird von einem Teil der Lehre zu Recht kritisiert. Dies nicht nur wegen dogmatischer Bedenken, sondern auch weil der allgemeine Teil des Obligationenrechts (OR) mit den Bestimmungen über die Übervorteilung (OR 21) und die Willensmängel (Irrtum, Täuschung, Drohung; OR 23 ff.) Instrumente vorsieht, die auch für Aufhebungsverträge gelten, wenn die entsprechenden Tatbestände erfüllt sind.

Der berechtigte Schutz der Arbeitnehmer vor unter Druck bzw. materiell einseitig zu seinen Lasten abgeschlossenen Vertragsaufhebungen ist damit bereits sichergestellt. Das Tribunal Cantonal des Kantons Waadt hat daher zu Recht die Rechtsprechung des Bundesgerichts relativiert und einen Aufhebungsvertrag als verbindlich erklärt, der in einer einzigen längeren Sitzung unterzeichnet wurde, während dieser der Arbeitnehmer selber Änderungsvorschläge einbrachte und keinerlei Druckversuchen ausgesetzt war.

Rechtsfolgen eines unzulässigen Aufhebungsvertrags

Die Rechtsfolgen sind noch wenig geklärt. Das Bundesgericht hat in mehreren Entscheiden Nichtigkeit angenommen. Ein Teil der Lehre vertritt jedoch zu Recht die Meinung, dass das Arbeitsverhältnis gleichwohl wie im Falle einer ungerechtfertigten fristlosen Entlassung oder einer missbräuchlichen Kündigung als beendet anzusehen ist, dass dem Arbeitnehmer aber die umgangenen gesetzlichen oder gesamtarbeitsvertraglichen Ansprüche erhalten bleiben. Für diese praktische Lösung spricht auch, dass recht wenige Urteile bekannt sind, welche eine nachträgliche Infragestellung des Bestandes des Vertrages zum Gegenstand hatten.

Berücksichtigte Literatur: „Der arbeitsrechtliche Aufhebungsvertrag: Königsweg mit Absturzgefahr“ von Roger Rudolph, in TREX 2/2017.

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