Aufhebungsvereinbarung

1. Februar 2018

Aufhebungsvereinbarung

Das Arbeitsverhältnis kann ohne Einhaltung einer bestimmten Frist mittels Aufhebungsvereinbarung (auch Aufhebungsvertrag genannt) auf einen beliebigen Termin aufgelöst werden. Die vorliegende Ausgabe behandelt den Fall einer Aufhebungsvereinbarung per sofort. Da die Aufhebungsvereinbarung als ungültig erklärt wurde, stellte sich anschliessend die Frage, ob sie nichtig sei und das Arbeitsverhältnis fortbestehe und allenfalls gekündigt werden muss. Da die Nichtigkeit nicht als sachgerecht erachtet wurde, musste das Bundesgericht im Urteil 4A_699/2016 entscheiden, ob die ungültige Aufhebungsvereinbarung in eine ordentliche oder eine fristlose Kündigung umzudeuten sei. Dies beurteilt sich danach, ob der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis, wenn er Kenntnis von der Ungültigkeit der Aufhebungsvereinbarung gehabt hätte, ordentlich oder fristlos aufgelöst hätte.

Sachverhalt

Dem eingangs erwähnten Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Am Morgen des 26. August 2014 kam es zwischen der Geschäftsführerin einer Coiffeur-Filiale und dem Geschäftsführer der Arbeitgeberin zu einer verbalen Auseinandersetzung, die von den anderen Angestellten und auch von der Kundschaft wahrgenommen werden konnte. In einem nahegelegenen Café, wohin sich die Streitenden daraufhin begaben, setzte der Geschäftsführer handschriftlich eine Vereinbarung auf. Gemäss dieser wurde das Arbeitsverhältnis unter „Einhaltung des Restferienguthabens“ per sofort aufgelöst. Unmittelbar im Anschluss packte die Arbeitnehmerin auf Anweisung des Geschäftsführers ihre persönlichen Sachen, gab den Schlüssel ab und verliess die Filiale. Sie wurde in der Folge vom Arzt ab dem 28. August 2014 zu 100% arbeitsunfähig geschrieben und verlangte schliesslich von der Arbeitgeberin rund Fr. 28‘000.-.

War die Aufhebungsvereinbarung gültig? Wenn nein, war sie nichtig?

Das Kantonsgericht erachtete die Aufhebungsvereinbarung für ungültig, weil sie nur einen beschränkten Interessenausgleich beinhaltet und der Arbeitnehmerin keine Bedenkzeit eingeräumt habe. Die Ungültigkeit der Aufhebungsvereinbarung wird vor Bundesgericht von keiner Partei beanstandet.

Das Kantonsgericht hielt fest, gemäss Lehre und Rechtsprechung sei unklar, wie im Falle einer unzulässigen Aufhebungsvereinbarung zu verfahren sei. Es hielt im zu beurteilenden Fall die Annahme der Nichtigkeit der Kündigung aus praktischen Überlegungen nicht für sachgerecht.

Auch in diesem Punkt wird der angefochtene Entscheid vor Bundesgericht von keiner Partei beanstandet, so dass auf die Frage nach einem allfälligen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nicht zurückzukommen war.

Ordentliche oder fristlose Kündigung?

Somit stellte sich lediglich noch die Frage, ob eine ordentliche oder eine fristlose Kündigung anzunehmen war. Dabei stellte das Kantonsgericht darauf ab, was die Arbeitgeberin ursprünglich beabsichtigt habe. In der Parteibefragung habe sich der Geschäftsführer dahingehend geäussert, er habe beabsichtigt, ordentlich zu kündigen und die Arbeitnehmerin während der Kündigungsfrist in eine andere Filiale zu versetzen, was nachvollziehbar erscheine. Da die Arbeitnehmerin indessen nicht dort habe arbeiten wollen, sei es zur Aufhebungsvereinbarung gekommen. Da der Arbeitnehmerin der Nachweis obliege, dass eine fristlose Kündigung angestrebt gewesen sei, und dieser Beweis nicht erbracht werden könne, sei von einer ordentlichen Kündigung auszugehen, so dass die Bestimmungen von OR 336 ff. zur Anwendung gelangten. Das Kantonsgericht sprach der Arbeitnehmerin Fr. 4‘200.- Lohnfortzahlung September 2014, Fr. 4‘200.- Entschädigung für missbräuchliche Kündigung sowie Fr. 644.30 Überstundenentschädigung zu.

Die Arbeitnehmerin hält die Forderung, wonach die Auflösungsvereinbarung in eine ordentliche Kündigung umzudeuten sei, nicht für nachvollziehbar. Es müsse von einer fristlosen Kündigung ausgegangen werden. Ob eine ordentliche oder eine fristlose Kündigung anzunehmen ist, beurteilt sich gemäss Bundesgericht danach, ob der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis, wenn er Kenntnis von der Ungültigkeit der Aufhebungsvereinbarung gehabt hätte, ordentlich oder fristlos aufgelöst hätte. Je nachdem kann die Arbeitnehmerin entweder ihren Lohn bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist verlangen, oder Schadenersatz und eine Entschädigung nach OR 337c Abs. 1 und 3, wobei die Beweislast, dass der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung ausgesprochen hätte, in diesem Fall bei der Arbeitnehmerin liegt.

Allein aus der Tatsache, dass das Arbeitsverhältnis nach der Aufhebungsvereinbarung per sofort beendet werden sollte, kann nicht auf die Anwendbarkeit der Bestimmungen über die fristlose Kündigung geschlossen werden. Zu prüfen ist gemäss Bundesgericht vielmehr, welche Schutzbestimmungen durch die unzulässige Aufhebungsvereinbarung umgangen werden. Im Einklang mit Lehre und Rechtsprechung hat das Kantonsgericht auf die ursprüngliche Absicht der Arbeitgeberin abgestellt. Den Nachweis, dass eine fristlose Kündigung beabsichtigt gewesen wäre, sah sie nicht als erbracht an. Mit dieser Argumentation setzte sich die Arbeitnehmerin nicht auseinander. Insoweit ist die Beschwerde gemäss Bundesgericht nicht rechtsgenüglich begründet. Im Übrigen hat das Kantonsgericht die ordentliche Kündigung als missbräuchlich angesehen und dabei berücksichtigt, dass der Geschäftsführer versuchte, die Arbeitnehmerin dazu zu bringen, mit einer Saldoklausel auf verschiedene ihr zustehende Ansprüche zu verzichten. Damit hat die Arbeitnehmerin auch bei Annahme einer ordentlichen Kündigung Anspruch auf eine Entschädigung, wobei die in OR 336a/2 (missbräuchliche ordentliche Kündigung) und in OR 337c/3 (ungerechtfertigte fristlose Entlassung) geregelten „Entschädigungen“ in ihrer Rechtsnatur übereinstimmen und denselben Zweck verfolgen. Bei Annahme einer ordentlichen Kündigung stehen der Arbeitnehmerin zudem, wie sie selbst anerkennt, dieselben Ansprüche zu, die sie bei einer ungerechtfertigten fristlosen Entlassung als Ersatz dessen verlangen könnte, was sie verdient hätte, wenn das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist beendigt worden wäre. Insoweit stellen sich im zu beurteilenden Fall unabhängig von der Qualifikation der Kündigung weitgehend dieselben Fragen.

Da die Arbeitnehmerin zudem gemäss Kantonsgericht ab 28. August 2014 lediglich arbeitsplatzbezogen arbeitsunfähig war – und somit keine Sperrfrist bewirkte – und dies vor Bundesgericht nicht widerlegen konnte, wies dieses die Beschwerde schliesslich ab, und wurde das Urteil des Kantonsgerichts somit rechtskräftig.

Weitere interessante Informationen zum Aufhebungsvertrag finden Sie in ARBEITSRECHT Nr. 220 – April 2017.


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