Kompensation von Überstunden

2. Oktober 2006

Kompensation von Überstunden

Der Ausgleich von Überstunden durch Freizeit von mindestens gleicher Dauer setzt das Einverständnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer voraus und kann - soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben - nicht einseitig vom Arbeitgeber angeordnet werden (BGE 123 III 84). Der angemessene Zeitraum, während dem Überstunden kompensiert werden können, ist im Gesetz nicht genauer bestimmt. Das Bundesgericht hat im Entscheid 4C.32/2005 vom 2. Mai 2005 auf Grund besonderer Umstände 16 Monate als angemessen erachtet, und eine beliebige Verlängerung des angemessenen Zeitraumes durch Abrede nicht ausgeschlossen.

Einverständnis über die Kompensation

Gemäss OR 321c/2 kann der Arbeitgeber im Einverständnis mit dem Arbeitnehmer die Überstundenarbeit innert eines angemessenen Zeitraumes durch Freizeit von mindestens gleicher Dauer ausgleichen. Daraus folgt, dass weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer einseitig gegen den Willen der anderen Vertragspartei die Kompensation von Überstunden durch Freizeit verlangen kann, und dies grundsätzlich auch nicht während einer Freistellung. Dabei hat sich das Einverständnis nicht nur auf den Grundsatz, sondern auch auf den konkreten Zeitpunkt des Ausgleichs zu beziehen. Liegt kein Einverständnis vor, hat der Arbeitgeber für die Überstunden den Lohn zu entrichten, der sich nach dem Normallohn samt einem Zuschlag von mindestens einem Viertel bemisst, ausser es sei durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag etwas anderes bestimmt (OR 321c/3).

Das Einverständnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer über den Grundsatz und die Bestimmung des konkreten Zeitpunkts der Kompensation von Überstunden durch Freizeit ist nicht formbedürftig, doch wird insbesondere aus Beweisgründen die Schriftform sehr empfohlen. Das Einverständnis kann also stillschweigend oder im Voraus erfolgen oder im Einzelarbeitsvertrag oder in einem Gesamtarbeitsvertrag vorgesehen sein.

Einverständnis über den Zeitraum

Unklar und entsprechend umstritten ist die Frage, innert welchem Zeitraum die Überstunden kompensiert werden müssen. Das Gesetz sieht lediglich vor, dass der Ausgleich innert eines angemessenen Zeitraumes vorzunehmen ist, ohne diesen Begriff näher zu präzisieren. Eine genaue gesetzliche Regelung besteht jedoch für die Kompensation von Überzeitarbeit (d.h. für diejenigen Stunden, die über die gesetzliche wöchentliche Höchstarbeitszeit hinaus geleistet werden) für die dem Arbeitsgesetz (ArG) unterstellten Arbeitsverhältnisse. Überzeitarbeit ist innert 14 Wochen auszugleichen, sofern nicht eine längere Frist von maximal 12 Monaten vereinbart worden ist (ArG 13/2, ArGV1 25/2). Auf Grund dieser öffentlich-rechtlichen Bestimmung sind gewisse Autoren der Auffassung, dass der angemessene Zeitraum 14 Wochen nicht überschreiten darf, andere wiederum sind der Meinung, dass die Vertragsparteien diesen Zeitraum auf maximal 12 Monate verlängern können, und eine dritte Gruppe ist der Ansicht, dass auch ein längerer Zeitraum vereinbart werden kann, denn sie beurteilen den Zeitraum von 12 Monaten im Arbeitsgesetz lediglich als Ordnungsregel ohne Sanktionen.

Das Bundesgericht hat entschieden, dass ein Einverständnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer auch über den angemessenen Zeitraum zustande kommen kann, und dass für dieses Einverständnis - wie für die Kompensationsvereinbarung als solche - keine Schriftform verlangt ist. Art. 15 Abs. 5 L-GAV Gastgewerbe schreibt Kompensation "innert nützlicher Frist" vor, was das Bundesgericht bei einer Kompensation innert 16 Monaten als erfüllt betrachtete. Es hat aber nicht explizit ausgeschlossen, dass der angemessene Zeitraum mehr als 12 Monate betragen kann. Nicht entschieden hat das Bundesgericht die Frage, welches der maximale Zeitraum ist, der einzuhalten wäre, wenn die Vertragsparteien diesbezüglich keine einverständliche Regelung getroffen haben.

Wird dem Arbeitnehmer innert den anwendbaren Fristen die Kompensation nicht vorgeschlagen, ist davon auszugehen, dass die Kompensationsmöglichkeit dahin fällt und die Überstunden entsprechend der vertraglichen oder gesetzlichen Regelung zu bezahlen sind.

Kommentar

Auf Grund dieser Gerichtspraxis ist es sinnvoll, eine Überstundenregelung in den Arbeitsvertrag oder in einem diesem integrierten Personalreglement aufzunehmen. Dabei ist beispielsweise insbesondere Folgendes festzuhalten: "Überstundenarbeit wird grundsätzlich durch Freizeit von gleicher Dauer innert ..... Monaten/Jahren kompensiert. Der Arbeitgeber legt den genauen Zeitpunkt der Kompensation fest." Vorbehalten bleiben selbstverständlich die öffentlich-rechtlichen Grenzen für Überzeitarbeit. Zudem ist ebenfalls zu regeln, welche Überstunden bezahlt werden und ob mit oder ohne Zuschlag von 25%, wenn nicht mit Freizeit kompensiert werden kann.

Betreffend den angemessenen Zeitraum für die Kompensation von Überstunden sind wir der Ansicht, dass die Vertragsparteien diesen durch Abrede beliebig verlängern können, da OR 321c/2 dispositives Recht ist. Dies gibt den Unternehmen beispielsweise die Möglichkeit, jährlich den Überstundensaldo auf ein separates Langzeitkonto zu übertragen. Langzeitkonti bilden eine wichtige Grundlage für die Umsetzung von gleitenden und flexiblen Pensionierungsformen sowie von bezahlten Sabbaticals. Vgl. dazu: Praxishandbuch Arbeitszeitmanagement, Adrian Blum und Robert J. Zaugg, Chur/Zürich 1999.

Vgl. zum Thema Überstunden auch die Publikationen "ARBEITSRECHT" Nr. 2 - Februar 1999 und Nr. 5 - Mai 1999.

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