Aufhebungsvereinbarung

2. September 2002

Aufhebungsvereinbarung

Eine Aufhebungsvereinbarung (auch Aufhebungsvertrag genannt) ist gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung grundsätzlich zulässig, jedoch nicht uneingeschränkt (vgl. Publikation „Arbeitsrecht“ Nr. 21, September 2000). Folgende zwei Fragen stehen dabei im Zentrum: Besteht ein unzweifelhafter gegenseitiger Wille zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses und sind die gegenseitigen Konzessionen gleichwertig?

Sachverhalt 

Dem Entscheid Nr. 4C.27/2002 des Bundesgerichts vom 19. April 2002 lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist. Danach schlossen die Vertragsparteien noch am gleichen Tag eine Aufhebungsvereinbarung mit folgendem Inhalt: Das Arbeitsverhältnis wird auf den Zeitpunkt nach Ablauf der genannten Kündigungsfrist im gegenseitigen Einverständnis aufgelöst und der Arbeitnehmer per sofort freigestellt. Er erhält während dreieinhalb Monaten den vollen Lohn ausbezahlt, man offeriert ihm zusätzlich unter bestimmten Voraussetzungen eine Abgangsentschädigung in der Höhe eines Monatslohnes und zudem wird ihm der Besuch eines Informatikkurses bewilligt. Der Arbeitnehmer seinerseits verzichtet auf die Bezahlung von 4,5 Überstunden, 4 Tagen Ferien, auf einen kleinen Bonus sowie auf die Geltendmachung jeglicher späterer Forderungen aus dem Arbeitsvertrag.

Noch während der Kündigungsfrist wurde der Arbeitnehmer schwer krank und vom Arzt für mehr als drei Monate arbeitsunfähig geschrieben.

Unzweifelhafter gegenseitiger Wille zur Vertragsauflösung

Nach OR 341/1 kann der Arbeitnehmer während der Dauer des Arbeitsverhältnisses und eines Monates nach dessen Beendigung auf Forderungen, die sich aus unabdingbaren Vorschriften des Gesetzes oder aus unabdingbaren Bestimmungen eines Gesamtarbeitsvertrages ergeben, nicht einseitig verzichten. Das Einverständnis der Vertragsparteien ist aufgrund dieses Gesetzesartikels restriktiv zu interpretieren und kann nur ausnahmsweise eine eigentliche Aufhebungsvereinbarung bilden, insbesondere wenn der Wille der Parteien, den Vertrag aufzuheben, unzweifelhaft feststeht. Steht dieser Wille gegenseitig fest, dann sind auch zwingende Bestimmungen wie beispielsweise OR 336c (Kündigung zur Unzeit) nicht anwendbar. Doch auch in diesem Fall muss die Aufhebungsvereinbarung gegenseitige gleichwertige Konzessionen enthalten.

Kündigt hingegen der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag und vereinbaren die Parteien anschliessend einzig noch die Modalitäten der Vertragsbeendigung, wie im vorliegenden Fall, so bleibt insbesondere OR 336c anwendbar. Gemäss Bundesgericht genügt das Akzept der Kündigung durch den Arbeitnehmer für sich allein nicht, um auf den Bestand einer eigentlichen Aufhebungsvereinbarung schliessen zu können und dadurch auf einen stillschweigenden Verzicht des Arbeitnehmers insbesondere auf den Schutz von OR 336c.

Gegenseitige gleichwertige Konzession

Im vorliegenden Fall stellte sich die Frage, ob die nach der Kündigung des Arbeitgebers abgeschlossene Aufhebungsvereinbarung gegenseitige und für den Arbeitnehmer mindestens gleichwertige Konzessionen enthielt. Um den Umfang der Konzessionen prüfen zu können, ist auf das Datum des Abschlusses der Aufhebungsvereinbarung abzustellen, vorbehältlich der unvorhersehbaren und keiner Partei anzurechnender Ereignisse bis zum Ende der Kündigungsfrist. Der Arbeitnehmer konnte theoretisch auf folgende zusätzliche Leistungen zählen: dreieinhalb Monatslöhne (ca. Fr. 20'500.-) aufgrund seiner während der Kündigungsfrist eingetretenen Arbeitsunfähigkeit , auf Bezahlung seiner Überstunden (ca. Fr. 200.-) und seines Bonus (ca. Fr. 500.-), total also ungefähr Fr. 21'200.-. Der Feriensaldo wurde nicht berücksichtigt, da er diese Tage während der Freistellung beziehen konnte. Die vom Arbeitgeber angebotenen Leistungen betrugen ungefähr Fr. 23'900.-, beinhaltend dreieinhalb Monate Freistellung, ohne Anrechnung der Abgangsentschädigung aufgrund ihres bedingten Charakters; zudem bestand für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, einen Informatikkurs besuchen zu können.

Das Bundesgericht kam durch diese zahlenmässige Gegenüberstellung zum Schluss, dass die gegenseitigen Konzessionen in der Aufhebungsvereinbarung gleichwertig waren.

Kommentar

Aufhebungsvereinbarungen sind möglich, doch unterliegen sie strengen Bedingungen. In jedem Fall haben sie gegenseitige und für den Arbeitnehmer mindestens gleichwertige Konzessionen zu enthalten. Liegt der gegenseitige Wille zur Vertragsauflösung unzweifelhaft fest, so sind die gegenseitigen Konzessionen relativ leicht zu prüfen. Schwierig ist die Situation, wenn zwar ein Einverständnis des Arbeitnehmers vorliegt, der gegenseitige Wille der Vertragsauflösung jedoch trotzdem zweifelhaft ist. In diesen Fällen wird oft eine Unsicherheit in Bezug auf die Gleichwertigkeit der gegenseitigen Konzessionen bleiben, da hier nicht zum Vornherein gesagt werden kann, welchen Umfang die Ansprüche des Arbeitnehmers annehmen könnten, wenn beispielsweise aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit OR 336c Anwendung findet.  


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