Beteiligung am Geschäftsergebnis

3. Juli 2017

Beteiligung am Geschäftsergebnis

Ist vertraglich ein Anteil am Gewinn oder am Umsatz oder sonst am Geschäftsergebnis vereinbart, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die zur Nachprüfung der Richtigkeit der Beteiligungsabrechnung erforderlichen Informationen zu liefern, unter Berücksichtigung berechtigter Geheimhaltungsinteressen.

Gesetzliche Vorschriften

Hat der Arbeitnehmer vertraglich Anspruch auf einen Anteil am Gewinn oder am Umsatz oder sonst am Geschäftsergebnis, so ist für die Berechnung des Anteils das Ergebnis des Geschäftsjahres massgebend, wie es nach den gesetzlichen Vorschriften und allgemein anerkannten kaufmännischen Grundsätzen festzustellen ist (OR 322a/1). OR 322a/2 sieht zudem vor, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer oder an dessen Stelle einem gemeinsam bestimmten oder vom Richter bezeichneten Sachverständigen die nötigen Aufschlüsse zu geben und Einsicht in die Geschäftsbücher zu gewähren hat, soweit dies zur Nachprüfung erforderlich ist. Diese Vorschrift darf nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers abgeändert werden, wie auch OR 322a/3, wonach dem Arbeitnehmer auf Verlangen eine Abschrift der Erfolgsrechnung zu übergeben ist, sofern ein Anteil am Gewinn des Unternehmens verabredet wurde. Schliesslich sieht OR 323/3 vor, dass der Anteil am Geschäftsergebnis auszurichten ist, sobald dieses festgestellt ist, spätestens jedoch sechs Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres.

Kontrollrechte des Arbeitnehmers

Die Kontrollrechte des Arbeitnehmers gemäss OR 322a/2 und 3 sind in zweifacher Hinsicht beschränkt (gilt übrigens auch für die Kontrollrechte gemäss OR 322c/2 betreffend Provisionen). Einerseits gehen sie nur so weit, als sie zur Nachprüfung der Richtigkeit der Beteiligungsabrechnung des Arbeitgebers nötig sind. Andererseits sind sie auch darin beschränkt, als ihnen höher zu gewichtende Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Die Einsichtnahme durch den Arbeitnehmer muss sich namentlich an den berechtigten Geheimhaltungsinteressen des Arbeitgebers orientieren.

Geheimhaltungsinteressen des Arbeitgebers

Auf den durch den Arbeitgeber zur Verfügung zu stellenden Unterlagen dürfen jene Daten abgedeckt werden, die für die vorzunehmende Kontrolle nicht erforderlich sind (z.B. Bankkontonummern und Saldi auf Bankbelegen). Sofern gewisse Daten für eine Kontrolle hingegen unabdingbar sind, an denen andererseits jedoch der Arbeitgeber ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse hat, ist durch die Art und Weise, wie die Kontrolle durchgeführt wird, sicherzustellen, dass die beidseitigen Interessen angemessen gewahrt werden können. Dazu dient in solchen Fällen der Beizug eines von den Parteien unabhängigen Sachverständigen, der an der Stelle des Arbeitnehmers Einsicht nimmt und die Kontrolle durchführt. Der Sachverständige wird entweder von den Arbeitsvertragsparteien gemeinsam oder bei Uneinigkeit durch den Richter bestimmt. In Frage kommen auch prozessuale Schutzmassnahmen durch das Gericht (ZPO 156).

Urteile des Bundesgerichts

Im Urteil 4A_195/2010 machte eine Ärztin eine im Vertrag vorgesehene Gewinnbeteiligung – je nach Geschäftsergebnis und Beitrag der Arbeitnehmerin zum guten Geschäftsgang – gegenüber ihrem Arbeitgeber geltend. Die Pflicht des Arbeitgebers, die Persönlichkeit der Arbeitnehmer zu achten und zu schützen (OR 328) steht einer Offenlegung der Löhne dieser Arbeitnehmer nicht entgegen. Im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, in dem die Löhne der anderen Arbeitnehmer des Unternehmens für das zu fällende Urteil relevant sind, kann sich der Arbeitgeber nicht weigern, diese Daten zu liefern. Die dem Arbeitnehmer in OR 322a garantierte Einsicht in die Geschäftsbücher schliesst die Offenlegung dieser Informationen ein. Im zu beurteilenden Fall waren die vorzulegenden Dokumente nötig, um den vom Arbeitgeber geschuldeten Betrag als Beteiligung bestimmen zu können, unabhängig davon, ob die Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin bei dieser Berechnung auch noch berücksichtigt werden muss. Diese Notwendigkeit ergibt sich gemäss Bundesgericht aus der im Vertrag vorgesehenen Art der Bestimmung der Beteiligung, mit welcher der Arbeitgeber einverstanden war. Folglich musste er auch deren Auswirkungen im Streit über den Betrag der Beteiligung akzeptieren. Das einzige Argument, das der Arbeitgeber gegen die Vorlage der Dokumente vorbrachte, war das Risiko, dass die Kenntnis der Löhne der Mitarbeiter eine eventuelle Abwerbung durch Dritte erleichtern würde. Dieses Risiko war gemäss Bundesgericht ziemlich theoretisch. Abgesehen davon erschien ihm die Auswirkung auf den Geschäftsgang des Radiologie-Instituts limitiert und nicht geeignet, das Interesse der Arbeitnehmerin am Erhalt der vereinbarten Beteiligung aufzuwiegen. Im Übrigen kommt das Datenschutzgesetz in hängigen Zivilprozessen ohnehin nicht zur Anwendung (DSG 2/2c).

In einem anderen Fall (Urteil 4A_390/2016) hatte das Bundesgericht folgenden Sachverhalt zu beurteilen: Der Arbeitsvertrag sah einen Fixlohn und einen „plan bonus“ abhängig vom Geschäftsergebnis vor. Im Dezember 2012 wurden Ziele betreffend den Gesamtumsatz und den EBITDA (Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization) definiert. Der Arbeitgeber verweigerte dem Arbeitnehmer die Auszahlung eines Bonus für das erste Semester 2013. Ebenfalls verweigerte er die Einsicht in die Geschäftsbücher und machte Geheimhaltungsinteressen geltend. Die kantonale Instanz hielt fest, dass die Parteien einen vom Geschäftsergebnis abhängigen Bonus vereinbart hatten und dass es für dessen Berechnung nötig war, den Umsatz und den EBITDA des Arbeitgebers betreffend das erste Semester 2013 zu kennen. Weiter hat sie bemerkt, dass der Arbeitnehmer gestützt auf OR 322a berechtigt war, sich zu vergewissern, ob die vom Arbeitgeber genannten Zahlen stimmten. Das kantonale Gericht schlug eine pragmatische Lösung vor: Der Arbeitgeber musste entweder eine Bestätigung seines Revisors betreffend Umsatz und EBITDA im ersten Semester 2013 liefern oder dem Gericht die entsprechenden Buchhaltungsdokumente vorlegen, welche es erlauben, diese beiden Zahlen festzustellen. Für das kantonale Gericht war nicht erkennbar, welchen Schaden die Offenlegung dieser Zahlen dem Arbeitgeber verursachen könnte. Insoweit als sie sich auf das erste Semester 2013 beziehen, erlauben sie nicht, Schlüsse auf die Tätigkeiten und den aktuellen Geschäftsgang des Arbeitgebers zu ziehen. Gemäss Bundesgericht ist ein solcher Entscheid, welcher die Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers berücksichtigt, klar nicht willkürlich. Das kantonale Gericht hatte also nicht willkürlich ein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse des Arbeitgebers verneint und der Arbeitgeber musste entweder eine Bestätigung seines Revisors betreffend Umsatz und EBITDA im ersten Semester 2013 liefern oder dem Gericht die entsprechenden Buchhaltungsdokumente vorlegen, welche es erlauben, diese beiden Zahlen festzustellen.

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