Personaldossier: Was Arbeitgeber wissen müssen

Ven, 19 septembre 2025

Personaldossier: Was Arbeitgeber wissen müssen

Im Zusammenhang mit dem Personaldossier tauchen in der Praxis regelmässig Fragen auf: Welche Daten dürfen gesammelt werden? Wie lange dürfen sie aufbewahrt werden? Was ist bei der elektronischen Führung des Personaldossiers speziell zu beachten? Welche Ansprüche hat der Arbeitnehmer? Im Folgenden wird auf diese Fragestellungen eingegangen.

Datenbearbeitung und Beachtung des Datenschutzes

Der Arbeitgeber darf Daten über den Arbeitnehmer nur bearbeiten, soweit sie dessen Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrages erforderlich sind (OR 328b). Zudem sind die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes (DSG) anwendbar. Gemäss Art. 5 lit. d DSG gilt als «bearbeiten» jeder Umgang mit Personendaten, unabhängig von den angewandten Mitteln und Verfahren, insbesondere das Beschaffen, Speichern, Aufbewahren, Verwenden, Verändern, Bekanntgeben, Archivieren, Löschen oder Vernichten von Daten. Die Begriffsdefinition ist also sehr weit und umfasst bspw. auch bereits das Speichern von Personendaten.

Bei der Bearbeitung von Personendaten gelten die allgemeinen Grundsätze des DSG (Art. 6 DSG): Daten dürfen nur rechtmässig bearbeitet werden und die Bearbeitung muss nach Treu und Glauben sowie verhältnismässig erfolgen. Das bedeutet, dass sie für die betroffene Person nachvollziehbar sein muss und nur jene Daten erhoben werden dürfen, die für den vorgesehenen Zweck geeignet, erforderlich und zumutbar sind. Sobald die Daten für diesen Zweck nicht mehr benötigt werden, sind sie zu löschen oder zu anonymisieren. Weiter muss sichergestellt werden, dass die bearbeiteten Daten richtig und aktuell sind. Schliesslich dürfen Personendaten nur für einen klar bestimmten und erkennbaren Zweck erhoben und auch nur in diesem Rahmen weiterverwendet werden.

Mit anderen Worten gilt es sicherzustellen, dass nur diejenigen Personen Zugriff auf das Personaldossier bzw. auf die darin abgelegten Daten haben, die diese Informationen zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. In der Praxis ist dies vordergründig die Personalabteilung. Melden andere Personen ein Interesse an, ist im Einzelfall zu prüfen, ob und in welchem Umfang der Zugriff gestützt auf Art. 328b OR sowie das DSG gewährt werden kann:

·        Vorgesetzte bspw. dürfen (teilweisen) Zugriff auf die Personaldossiers ihrer Arbeitnehmer haben, sofern dies zur Ausübung ihrer Führungsaufgaben erforderlich ist. Dabei sollten sich der Zugriff bzw. die interne Bekanntgabe auf relevante Informationen beschränken, die für Personalentscheidungen, Beurteilungen oder ähnliche Zwecke notwendig sind;

·        Ob Vorgesetzte bspw. über eine Telefonliste Einsicht in die private Handynummer der direkt unterstellten Arbeitnehmer haben dürfen, um diese insb. bei Arbeitszeitplanungs-Themen (kurzfristige Übernahme von Schichten) kontaktieren zu können, ist u.E. mit Blick auf Verhältnismässigkeit zumindest fraglich. Im Zweifelsfall ist die Einwilligung der Arbeitnehmer einzuholen;

·        Nicht zulässig und unverhältnismässig wäre es bspw., einem Mitglied der Geschäftsleitung uneingeschränkten Zugriff auf alle Personaldossiers eines Arbeitgebers zu gewähren.

Zudem hat der Arbeitgeber im Rahmen der Datenbearbeitung sicherzustellen, dass die Daten gegen unberechtigten Zugriff geschützt sind (Art. 8 DSG).

Elektronisches Personaldossier

Immer mehr Unternehmen digitalisieren ihre Instrumente und Prozesse, was zu der Frage nach der Zulässigkeit eines digitalen Personaldossiers führt. Die gute Nachricht: Die elektronische Führung von Personaldossiers ist zulässig. Problematisch wird es jedoch bei Bestimmungen, für die das Gesetz die Schriftform als Gültigkeitserfordernis vorsieht. In den Fällen hat gemäss Art. 14 Abs. 1 OR die Unterschrift eigenhändig zu erfolgen. Vom Gültigkeitserfordernis tangiert sind neben speziellen Arbeitsverträgen wie bspw. dem Lehrvertrag auch Regelungen im Arbeitsvertrag wie etwa das arbeitsvertragliche Konkurrenzverbot (Art. 340 ff. OR), die Abänderung der gesetzlichen Überstundenregelung (Art. 321c Abs. 3 OR), der Probezeit (Art. 335b Abs. 2 OR) sowie der gesetzlichen Kündigungsfristen (Art. 335c Abs. 2 OR) oder die gleichwertige Ersatzlösung zur gesetzlichen Lohnfortzahlung (Art. 324a Abs. 4 OR).

Bei diesen Verträgen stellt sich die Frage, ob sie ihre Beweiskraft verlieren, wenn sie eingescannt und elektronisch abgelegt werden: Digitalisierte Dokumente sind gleichermassen zum Beweis zugelassen wie herkömmliche Dokumente. Grundsätzlich stellen diese Dokumente auch dann Beweisurkunden dar, wenn es sich bloss um eingescannte Papierdokumente handelt. Für den Fall jedoch, dass die Echtheit der Dokumente glaubwürdig bestritten wird, erscheint es empfehlenswert, solche Dokumente dennoch in Papierform aufzubewahren (i.d.R. genügt es, den Arbeitsvertrag inkl. integrierende Vertragsbestandteile in Papierform aufzubewahren, da die vorgenannten Punkte darin geregelt werden). Zu beachten ist, dass der eigenhändigen Unterschrift die mit einem qualifizierten Zeitstempel verbundene qualifizierte elektronische Signatur (QES) gemäss Bundesgesetz über die elektronische Signatur (Art. 14 Abs. 2bis OR) gleichgestellt ist.

Inhalt und Aufbewahrung

Zum Personaldossier gehört alles, was über einen Arbeitnehmer hinsichtlich Entstehung, Verlauf und Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgezeichnet wird. Dazu gehören gemäss dem EDÖB etwa: Personalien und Adressdaten, Bewerbungsunterlagen, Referenzauskünfte, Arbeitsvertrag, Angaben über Arbeitsausfälle und Ferien, Lohn- und Versicherungsdaten, Beurteilungen, Weiterbildung und Laufbahnplanung, Disziplinarmassnahmen (Verwarnungen, Verweise, Bussen), Korrespondenzen zwischen Arbeitgeber und Angestellten, Aktennotizen über besondere Vorkommnisse, Registerauszüge und Arztzeugnisse.

Generell empfiehlt der EDÖB das Personaldossier einer regelmässigen Triage zu unterziehen und nicht mehr benötigte Dokumente zu entfernen. Eine solche Prüfung sollte in der Regel alle zwei Jahre erfolgen. Der Arbeitgeber darf (und muss) aber diejenigen Daten weiterhin aufbewahren, die er zur Erfüllung gesetzlicher und vertraglicher Pflichten oder zur Geltendmachung eigener Ansprüche gegenüber dem Arbeitnehmer bzw. zur Abwehr von dessen Forderungen in allfälligen Rechtsstreitigkeiten benötigt. Im Zusammenhang mit dem Arbeitszeugnis bedeutet dies bspw., dass die dafür benötigten Daten 10 Jahre aufbewahrt werden dürfen (und müssen), da nach vorherrschender Auffassung der Anspruch auf Ausstellung und Berichtigung eines Arbeitszeugnisses erst nach dieser Periode verjährt.

Wer nach Art. 957 ff. OR zur Buchführung und Rechnungslegung verpflichtet ist, hat u.a. die Geschäftsbücher und die Buchungsbelege während 10 Jahren aufzubewahren. Zu den Geschäftsbüchern gehört auch die Lohnbuchhaltung mit allen relevanten Lohndaten. Während 15 Jahren nach Ablauf der Steuerperiode aufbewahren muss der Arbeitgeber steuerrelevante Mitarbeiterdaten (Quellensteuer), aus welchen die jeweilige Lohnhöhe ersichtlich ist.

Die Aufbewahrungspflicht ist auch erfüllt, wenn die betreffenden Dokumente elektronisch abgelegt und jederzeit einsehbar sind; vgl. dazu die obigen Ausführungen zum elektronischen Personaldossier.

Auskunftsrecht des Arbeitnehmers

Arbeitnehmer haben jederzeit ein unverzichtbares Recht auf Auskunft über den Inhalt ihres Personaldossiers. Der Arbeitnehmer muss weder ein schützenswertes Interesse noch eine Persönlichkeitsverletzung glaubhaft machen und das Auskunftsbegehren auch nicht begründen. Gemäss Art. 25 Abs. 2 DSG erstreckt sich das Auskunftsrecht auf diejenigen Informationen, die erforderlich sind, damit der Arbeitnehmer seine Rechte nach DSG geltend machen kann und eine transparente Datenbearbeitung gewährleistet ist; ein Katalog mit den auf alle Fälle mitzuteilenden Information rundet die Bestimmung ab. Vom Auskunftsrecht ausgenommen sind jedoch persönliche Notizen des Vorgesetzten, die Dritten nicht bekannt gegeben werden müssen, wie Gedächtnisstützen für Mitarbeitergespräche oder interne Akten zur Willensbildung.

Wird ein Auskunftsgesuch gestellt, so darf die Auskunft nur ausnahmsweise und nur in begründeten Fällen beschränkt, verweigert oder aufgeschoben werden (Art. 26 DSG). Solche Ausnahmen können bestehen, wenn überwiegende private oder öffentliche Interesse dem Auskunftsrecht entgegenstehen. Es ist jeweils eine Verhältnismässigkeitsprüfung vorzunehmen. Nicht durchsetzbar etwa sind Auskunftsrechte bei hängigen Zivilprozessen.

Die Auskunft ist vom Arbeitgeber in der Regel innert 30 Tagen zu erteilen – kann der Arbeitgeber die Frist nicht einhalten, muss er den Arbeitnehmer informieren, innerhalb welcher Frist die Auskunft erfolgt (Art. 25 Abs. 7 DSG i.V.m. Art. 18 Abs. 2 DSV). Die Auskunft erfolgt schriftlich oder in der Form, in der die Daten vorliegen (Art. 16 Abs. 2 DSV). Sie hat grundsätzlich kostenlos zu erfolgen, ausser, die Erteilung der Auskunft wäre mit einem unverhältnismässigen Aufwand verbunden (Art. 19 DSV). Im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber kann auch eine Einsichtnahme vor Ort vereinbart werden oder, wenn der Arbeitnehmer einverstanden ist, mündlich erteilt werden (Art. 16 Abs. 2 DSV).

Um den datenschutzgesetzlichen Vorgaben im Zusammenhang mit dem Personaldossier gerecht zu werden, sollte der Arbeitgeber einen systematischen Prozess zur Beantwortung von Auskunfts-, Löschungs- und Berichtigungsbegehren von Arbeitnehmern vorsehen.

Wichtig für den Arbeitgeber in der Praxis

Der Arbeitgeber ist gut beraten, dem Personaldossier und in dem Zusammenhang bearbeiteten Personendaten entsprechende Beachtung zu schenken, um allfälligen Rechtsrisiken vorzubeugen.

Im Hinblick auf den ungebrochenen Digitalisierungstrend empfiehlt sich die Prüfung von Einführung und Nutzung einer qualifizierten elektronischen Signatur (QES) gemäss Bundesgesetz über die elektronische Signatur (Art. 14 Abs. 2bis OR), da diese die rechtssichere Unterzeichnung von Dokumenten aller Art gewährleistet.

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